Made in Baschkortostan: Flüssiges Gold der Leidenschaft

Baschkortostan – Heimat von ungefähr 100 vielfältigen Nationen, unzähliger Wälder und Wiesen, einer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt und gleichzeitig Geburtsort des einzigartigen baschkirischen Honigs. Er gilt als beliebtestes Mitbringsel der Republik, wird auf Verkaufsmärkten und auch im Internet als bester und reinster Honig weltweit angepriesen und ist wohl fast bei jedem Russen unabdingbarer Begleiter des täglichen Teegenusses.

Flüssiges GoldWas aber macht ihn so besonders und zum Aushängeschild Baschkortostans? Ist es der einzigartige Geschmack, der durch spezielle Pflanzenarten in der Umgebung zustande kommt? Ist es eine ausgefallene Herstellungsmethode, die den Honig besonders wertvoll macht? Oder sind es gar Inhaltsstoffe, die dem baschkirischen Gold zur Nummer 1 aller Honigsorten verhalfen? Fakt ist, dass Honig gewisse Heilungsprozesse beschleunigt und dass gerade dem Baschkirischen Honig besondere Heilungskräfte vorausgesagt werden.

Honig wird schon seit der Steinzeit von Menschen genutzt und galt bis zum 19. Jahrhundert als wichtigstes und einziges Süßungsmittel. Im antiken Ägypten erreichte er seinen Höhepunkt – er galt als „Speise der Götter“ und als „Lebend gewordene Tränen“ des Sonnengottes Ra. Selbst Ramses II lies sich sein Gehalt in Honig auszahlen. Mittlerweile gibt es in jedem deutschen Supermarkt verschiedene billige Gläser des süßen Goldes zu kaufen – doch weder Herkunft noch Herstellung sind immer eindeutig.

Beim baschkirischen Honig kann man sich sicher sein. Die Imkerei gilt vor allem in den unzähligen kleinen Dörfern der Republik als wichtige Einkommensquelle. Wiesen und Wälder geben den Bienen genügend Nahrung für den leckeren Honig.

Wolodja, 43 Jahre, hat sein Leben der Imkerei zugeschrieben. „Das Leben auf dem Dorf ist hart“, erzählt er. „Es gibt keine Arbeit für die Menschen. Wir alle leben von der Landwirtschaft, aber Geld bringt uns das nicht. Wir brauchen auch Mehl für Brot und Konfekt für die Kinder, das müssen wir irgendwie bezahlen.“ Das Leben eines Dorfbewohners schildert er sehr schwarz, keine Arbeit, keine Perspektive. Alkoholismus ist das größte Problem. Er selbst war Alkoholiker, bis er vor 6 Jahren die Reißleine zog. Nun ist er zweifacher Familienvater, arbeitet als Heizer und Monteur für die kleine Dorfschule und hat eine große Liebe: die Imkerei.

Als ihm vor acht Jahren zwei Bienenfamilien geschenkt wurden, kaufte sich Wolodja zwei Bienenhäuser und begann sich mit der Bienenzucht zu beschäftigen. Seine Informationsquelle waren für den völlig Ungelernten Bücher und seine Freunde. Mit leuchtenden Augen zeigt er Bilder aus dem zerfledderten „Schulbuch der Imkerei“, dem er sein ganzes Wissen verdankt. Er entwickelte sich schnell und gewann sogleich Freude am Neuen. Aus seinem spät entdeckten Hobby wurde Leidenschaft und aus den anfänglichen zwei Familien vier. Im letzten Jahr betreute Wolodja sieben Bienenhäuser, in diesem Jahr expandierte er schon auf 12 Bienenfamilien und im nächsten Jahr sollen es noch mehr werden.

WabenMittlerweile produzieren seine Bienen 200 Liter Honig pro Jahr, der in riesigen Töpfen im kleinen Häuschen gelagert wird. Auf dem Zentralmarkt in Ufa würde ein 3-Liter Glas seines Honigs wahrscheinlich 2000 Rubel einbringen, doch diese Möglichkeit ist ihm nicht gegeben.  Die größten Abnehmer seines vorzüglichen Honigs sind Familienmitglieder und deren Freunde. Diese bekommen den geschleuderten Bienennektar dann zum Freundschaftspreis von 1000 Rubel, oder gar geschenkt. „Einmal habe ich einen 35-Liter- Eimer verkauft, der hat unserer Familie dann diesen Staubsauger eingebracht“, erzählt er stolz und zeigt dabei auf ein riesig blaues Ungetüm, mit dem seine Frau nun freudig 3Mal am Tag das 1-Zimmer- Häuschen saugt.

„Leider habe ich nur Töchter“, berichtet Wolodja ein wenig enttäuscht, denn die Imkerei ist Männerarbeit und auch nicht ganz ungefährlich. Seine Frau höchstpersönlich hat eine Bienenallergie. „Dafür haben wir aber eine Salbe gegen die Schwellung“, sagt sie. „Und Marianna, unsere Jüngste wurde bisher noch gar nicht gestochen.“ Sie weiß, dass die Imkerei der Familie zumindest ein kleines Nebeneinkommen einbringt.

„Durch die große Hitze in diesem Jahr gibt es übrigens keinen Lindenhonig“, erwähnt Wolodja noch. „Leider. Denn der Lindenhonig ist einer der Besten aus Baschkortostan.“ Aber der Wildblütenhonig aus diesem Jahr ist auch ganz formidabel, wie es sich bei der Kostprobe beim Mittagstisch herausstellt.

Die Inhaltsstoffe und Pflanzenarten sind es wahrscheinlich nicht, die den Baschkirischen Honig zu dem machen, was er ist. Der Zauber liegt vielmehr in der Herstellung. Der Honig aus den baschkirischen Dörfern wird mit einer ganz besonderen Zutat versehen: der Leidenschaft. Und genau diese verleiht dem Honig einen ganz speziellen Geschmack, der ihm eindeutig den Goldrang aller Honige weltweit einbringt.

Wolodja NikolaewWolodja Nikolaew, 43 Jahre ist zweifacher Familienvater und seit 6 Jahren trockener Alkoholiker. Seinen Lebensmut verdankt er nicht zuletzt seiner Leidenschaft, der Imkerei, die ihn seit 8 Jahren beschäftigt. Seine Familie kommt aus dem mariischen Dorf Baiturowo, etwa 90 km nordöstlich von Ufa entfernt. Wolodja lernte in Ufa Radiotechniker, konnte aber im Dorf nie eine Arbeit finden.

2 Kommentare to “Made in Baschkortostan: Flüssiges Gold der Leidenschaft”

  1. nadja says:

    sind das die bienenkästen im hintergrund? wenn ja, verstehe ich dann, warum es so gefährlich ist….ich dachte die bienen leben weiter weg vom haus….

  2. Julia says:

    Nein, die Bienen sind quasi Mitbewohner der Familie Nikolaew. Und die Nähe zum Menschen macht sie so gefügig. Ich würde es mir nicht gefallen lassen, mir meinen mühsam gesammelten Blütennektar ständig klauen zu lassen…