Die Sprachinsel Alexejewka

Es ist unglaublich“, sagt Tobi immer wieder. „Kannst du mich mal bitte wecken? Ich glaube ich träume!“.

Es ist wirklich unglaublich. Wir befinden uns mitten im Herzen von Baschkortostan, auf einer kleinen Insel – der deutschen Sprachinsel Prischib und Alexejewka.

Julia, eine Studentin der Germanistik an der Baschkirischen Staatlichen Universität (BGU) erzählte uns vor einiger Zeit im Dolmetschseminar von ihrer Herkunft – einem kleinen deutschsprachigen Dörfchen mit schwäbischem Dialekt. Um uns ein eigenes Bild von dieser aufregenden Geschichte zu machen, fuhren wir kurzerhand am 27.03. in das Dorf Alexejewka. Von den ehemals 2000 Einwohnern sind noch in etwa 210 übrig geblieben. 1,5 Kilometer führt eine holprige, sehr verfrorene Straße durch das Dorf. Ein offenes Feld zeigt das Ende von Alexejewka.

in der SchuleWir sitzen mit Julias Eltern nach typisch russischer Manier am vollgedeckten Tisch, trinken Wodka und Samagon und unterhalten uns auf Deutsch. Mitten in Baschkiriren! Auch 200 Jahre nach der Auswanderung aus Deutschland ist der schwäbische Dialekt noch Muttersprache. Noch! Denn das Dorf ist bankrott. Die junge Generation hat keine Perspektive und zieht in benachbarte Großstädte, wie Ufa. Ganze Familien zogen „zurück“ nach Deutschland – in die „Heimat“, wie Julias Vater meint. Doch trotz der offensichtlichen Probleme, erscheint das kleine Dörfchen sehr modern. Neue Fenster, regulierbare Gasöfen und sehr modisch eingerichtete kleine Häuser zeugen nicht von Armut.

Es ist noch immer unfassbar, hier in einem 200 Einwohner Dorf auf Deutsch verstanden zu werden! Auch wenn der schwäbische Dialekt anfangs noch sehr schwierig ist, gewöhnen wir uns schnell daran. Unsere deutschsprachige russische Freundin, die uns auf unserem Abenteuer begleitet, sieht uns dabei verständnislos an. Für sie gibt es keine großen Gemeinsamkeiten zwischen dem Dialekt und dem Deutschen. Auch für Julia ist die deutsche Sprache (das Hochdeutsch) eine Fremdsprache, die sie ab der ersten Klasse in der Schule lernte. „Wir können kein richtiges Deutsch, kein richtiges Russisch. Aber verstehen tun wir uns trotzdem“, sagt die Mutter.

DorfkircheAuf unserer Entdeckungsreise der kleinen „Insel“ gelangen wir in eine Grundschule mit 16 Schülern, die unser Herz vor Aufregung und Unfassbarkeit höher schlagen lässt. Eine Bibliothekarin lässt uns an ihrem vor vielen Jahren verschriftlichen deutschen Liedgut teilhaben und Tobi ein weiteres Mal „unglaublich“ sagen. Den krönenden Abschluss bildet der Gottesdienst in der kleinen blauen Holzkirche. Auch dieses Ereignis bleibt ein unvergesslicher Moment als sich der slowakische Pfarrer mit tiroler Dialekt für einen Besuch in unserer ufaer Wohnung einlädt.

Eine detaillierte Beschreibung dieses zauberhaften Tages auf der „Insel“ folgt in Kürze auf Baschkirienheute.DorfstraßeDorfhaus

4 Kommentare to “Die Sprachinsel Alexejewka”

  1. Franzi says:

    Der Beitrag gefällt mir! :) Ein kurzer persönlicher Eindruck zum noch kommenden Artikel…

  2. nadja says:

    yeah, that it is!!! sowas möchte ich jetzt jeden monat mindestens zwei mal lesen!!!
    mal abgesehen davon , dass ich das mit dem dorf wirklich faszinierend finde. ich glaub ich hab die auf dem honigfest mal gesehen…die waren wirklich lustig…aber leider echte alle alt.(also die, de da waren) und so schöne bilder!!! naja, hier scheint grad mal die sonne, da hält sich mein neid in grenzen…;)

  3. Absolventenverein Rotholz says:

    Hallo aus Österreich/ Tirol: Wir waren 2008 und 2009 mit 100 Absolventen unser Landwirtschaftsschule bei der Missionsstation in Alexejevka, die vom Tiroler Pater und Absolvent unserer Schule aufgebaut wurde. Leider ist Pater Johannes am 11.1. 2010 mit 48
    in Tirol verstorben! Besucht die Priester und Schwestern und richtet Grüße aus Rotholz/Tirol
    von Peter Grünbichler aus! Danke

  4. daniela hauser says:

    Ich durfte mit dem Absolventenverein Rotholz im August 2009 das Dorf besuchen – “faszinierend”. Dabei konnte ich auch mit einigen Bewohnern sprechen. Auch Pater Johannes habe ich kennengelernt – er war ein ganz besonderer Mensch.